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5. Jahreskonferenz der re!source Stiftung 2022 – Ergebnisse

Auf der diesjährigen Konferenz der re!source Stiftung trafen sich zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um sich über die Voraussetzungen für eine umfassende Ressourcenwende in der Bau- und Immobilienwirtschaft auszutauschen. Die wesentlichen Ergebnisse lesen Sie hier. Im Mittelpunkt standen dabei die Themen Verknappung und Verfügbarkeit von Ressourcen in Deutschland und in Europa, begleitet von neuen Entwicklungen zur Ressourcenwende in der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die Vorreiterrolle der öffentlichen Hand.

Gleich zu Beginn der Konferenz versprach Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, in ihrem Grußwort, das klimafreundliche Sanieren und Bauen voranzubringen. „Dafür müssen wir zukünftig den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden stärker berücksichtigen, um auch die sogenannten grauen Emissionen zu reduzieren. Das soll zu einer wichtigen Ziel-, Planungs- und Nachweisgröße im Bauwesen werden“, sagte die Ministerin. Insgesamt, so Klara Geywitz, wolle die Bundesregierung viel stärker auf Kreislaufwirtschaft setzen. „Kreislaufwirtschaft ist mehr als Material-Recycling oder Rückbau von Gebäuden. Sie beginnt bei der Planung, in der festgelegt wird, ob beim Bauen Ressourcen geschont werden, ob langlebige Bauwerke geschaffen werden, die auch flexible Nutzungen erlauben. Ein Gebäude, das heute als Bürokomplex gebaut wird, sollte morgen auch als Wohnanlage genutzt werden können.“ Das Bundesbauministerium hat dafür ein Qualitätssiegel für „Nachhaltige Gebäude“ entwickelt, das sich laut Geywitz bereits erfreulich gut am Markt etabliert habe. Es beinhalte u.a. eine Ökobilanz und Kriterien für eine nachhaltige Materialgewinnung. Geplant sei zudem die Einführung eines Rohstoffindikators, der den schonenden Umgang mit Ressourcen fördern solle.

In ihrer Keynote betonte Sandra Weeser (FDP), Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, dass keine Branche so materialintensiv sei wie die Baubranche. Daher bestehe enormes Potenzial für zirkuläre Rohstoffnutzung und Recycling. „Es ist faszinierend und ermutigend, mit welchen innovativen Technologien man den Gebäudebestand vom CO2-Emittenten zur CO2-Senke machen kann“, so Weeser. Dies betreffe nicht nur Holz, sondern auch absorbierenden Beton, Dämm-Materialien aus Stroh, Hanffaser und Recycling-Ziegel. Mit der richtigen Technologie werde laut Weeser der Bausektor vom Klima-Problem zur Klima-Lösung. „Dazu müssen wir innovative Materialien und Techniken aber schneller aus dem Labor zum Prototyp und vom Prototyp auf die Baustellen bringen. Mehr Daniel Düsentrieb wagen!“, lautete Weesers Aufruf.

Im Mittelpunkt der diesjährigen re!source-Konferenz stand auch die öffentliche Hand, schließlich ist sie allein beim Hochbau mit zirka 20 Prozent einer der größten Bauherren in Deutschland und könnte jährlich 1,9 Millionen Tonnen CO2 einsparen. „re!source fordert deshalb bei öffentlichen Vergaben an die Bauwirtschaft, den Klimaschutz stärker zu berücksichtigen“, so Annette von Hagel, geschäftsführende Vorständin der re!source.

Sven Lemiss, als Geschäftsführer der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) mit verantwortlich für die Liegenschaften des öffentlichen Sektors in Berlin, gab einen Überblick über das Engagement der BIM im Bereich Nachhaltigkeit: So wurden laut BIM im Energie- und Umweltmanagement mit den aktuellen energetischen Maßnahmen 6.678 Tonnen CO2 eingespart. Mit den elf 2021 installierten Photovoltaik-Anlagen kommt die BIM auf ein Volumen von 151 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 15,3 Megawatt peak (MWp). Den mit Abstand größten Sanierungsstau bei Liegenschaften der öffentlichen Hand hat laut Lemiss die Polizei. „Dann kommen aber auch schon die Feuerwehren. Zum Teil, gerade in Bezug auf die Freiwilligen Feuerwehren, hat es hin und wieder aber auch Sinn, die vorhandenen Objekte nicht mehr zu sanieren, sondern neu zu bauen“, so Lemiss.

Die Bedeutung der öffentlichen Hand betonte auch Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH): „Wir können es uns nicht mehr leisten, dass die Kreislaufwirtschaft am Bau weiterhin in den Kinderschuhen stecken bleibt“, so Metz. Ihre Forderung: „Es müssen sofort die politischen Weichen für eine effektive Kreislaufwirtschaft im Baubereich verankert werden und die öffentliche Hand muss ihre Vorreiterrolle durch klimazielkonformes, ressourcenschonendes und kreislaufgerechtes Bauen erfüllen.“

re!source setzt sich zusammen mit ihren Partnern dafür ein, bei Baumaßnahmen stets auch an den Rückbau zu denken. Dringend benötigt wird eine durchgängige Dokumentation für alle Baumaßnahmen, sei es im Neubau- oder Sanierungsbereich. Dafür bedarf es auch einer guten Datenlage: Was wurde wann, wo und in welcher Qualität verbaut?
Vor diesem Hintergrund verwies Prof. Dr.-Ing. habil. Anica Meins-Becker, Professorin für die digitale Transformation in der Bau- und Immobilienwirtschaft an der Bergischen Universität Wuppertal, darauf, dass Konzepte zur Datendurchgängigkeit und der damit ermöglichten Produktrückverfolgbarkeit entlang der Informationslieferkette in einigen Branchen bereits erfolgreich in der Praxis etabliert seien, so zum Beispiel im Gesundheitswesen, dem Einzelhandel oder der Automobilindustrie. „Bei der Digitalisierung baulogistischer Prozesse stehen wir leider immer noch am Anfang, obwohl es zu etwa 80 Prozent der Bauprodukte bereits Datensätze gibt, da diese im Handel benötigt werden“, so Meins-Becker. „Was wir brauchen, sind digitale Lebenszyklus-Zwillinge mit Stamm- und baulogistischen Ereignisinformationen zu Objekten. Ohne die digitale Rückverfolgbarkeit von Bauprodukten wird die Ressourcenwende kaum umzusetzen sein“, so der eindringliche Appell der Professorin.

Angesichts der sich weiter dramatisch verschlechternden Ressourcenverfügbarkeit sagte Dr. Thomas Gäckle, Leiter der Unterabteilung Rohstoffpolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): „Damit der Earth Overshoot Day im Kalender nicht immer weiter nach vorne rückt, müssen wir Rohstoffe künftig deutlich effizienter nutzen. Dazu müssen wir die Kreislaufwirtschaft konsequent ausbauen und innovative Technologien wie den Leichtbau in die breite Anwendung tragen“, so seine Forderung.

Auf dem Panel „Wissenschaft und Forschung zur Ressourcenwende“ wurden neben neuen Ansätzen zum Ressourcenmanagement (Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme, FH Münster) und zur Digitalisierung baulogistischer Prozesse (Prof. Dr.-Ing. Anica Meins-Becker, Bergische Universität Wuppertal) auch eine noch im Labor-Stadium befindliche Innovation des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) vorgestellt: die sogenannte elektrodynamische Fragmentierung, kurz EDF, bei der es sich um eine neuartige Form der Wiederaufbereitung von Baustoffen handelt. Dabei werden mithilfe von ultrakurzen Hochleistungsimpulsen Verbundwerkstoffe selektiv in ihre Einzelbestandteile aufgetrennt. In geeigneten nachgeschalteten Sortierprozessen können dann diese Bestandteile in Stoffgruppen separiert und recycelt oder neuen Verwertungswegen zugeführt werden. „Jetzt kommt es darauf an, die Technik hochzuskalieren. Für eine große Versuchsanlage sind wir weiter auf der Suche nach Investoren“, erklärte Prof. Dr.-Ing. Gunnar Grün, stellvertretender Institutsleiter beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) und Professor für Bauphysik an der Universität Stuttgart. Auf der re!source Konferenz konnte der Fraunhofer-Experte dafür mit neuen Interessenten in Kontakt treten.

Das Panel „Finanzierungs- und Bewertungsstrategien“ zeigte eindrücklich, dass sich auch die Finanzdienstleister der Immobilienwirtschaft immer stärker für eine nachhaltige Ressourcenwende engagieren. Davon zeigte sich auch Jan von Mallinckrodt überzeugt, Head of Sustainability bei der Union Investment Real Estate GmbH: „Es führt kein Weg an einer Verringerung des Ressourcen- und Energiebedarfs – im Neubau, insbesondere aber bei Bestandsgebäuden – vorbei“, betonte von Mallinckrodt. Dass die notwendigen Sanierungsmaßnahmen in vielen Fällen unterbleiben, sei unter anderem auf die unzureichenden Möglichkeiten für Eigentümer zurückzuführen, die Investitionskosten über Mietanpassungen wieder zu erwirtschaften, während der Mieter einseitig von den verringerten Betriebskosten profitiere. Dieses „Investor-Nutzer-Dilemma“ aufzulösen, sei Aufgabe der Politik im Zusammenwirken mit der Immobilienwirtschaft, so von Mallinckrodt.

Rolf Brunkhorst, geschäftsführender Vorstand der re!source, betonte, dass in der gegenwärtigen Lage die einseitige Fokussierung auf Energiesicherheit nicht ausreichend sei. Die Ressourcensicherheit sei gerade für die Bau- und Immobilienwirtschaft essenziell. Seine Forderung lautete deshalb: „Erstens müssen die Rahmenbedingungen für die Wiederverwendung von Bauteilen und den Einsatz von Recyclingmaterialien deutlich vereinfacht und den technischen Möglichkeiten angepasst werden. Zweitens müssen die Wiederverwendungs- und Recyclingpotenziale der Baumaterialien und Bauprodukte in der Lebenszyklusbetrachtung berücksichtigt werden. Dazu sind die Umnutzung, der Rückbau und die Wiederverwendung schon bei der Planung mitzudenken.“
Zur Umsetzung würden laut Brunkhorst geeignete politische und gesetzliche Rahmenbedingungen benötigt. „Nur so wird zukünftig kreislauforientiert gebaut und saniert werden und der Rohstoff- und Materialverknappung langfristig entgegengewirkt.“

Alle Informationen zur re!source Jahreskonferenz finden Sie unter www.re-source.com/konferenzen/jahreskonferenz-2022/